Krieg in Europa
Eine außenpolitische Einordnung

Mit dem Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine kehrt der Krieg zurück nach Europa. In den vergangenen Wochen erreichen uns täglich schreckliche Bilder aus den Kriegsgebieten und zeigen uns die hässliche Fratze des Kreml-Regimes. Doch wirklich überrascht kann man von Putins Überfall auf das Nachbarland nicht sein. Wenn man sich die Ereignisse der jüngeren Geschichte betrachtet, muss einem das brutale Muster der russischen Außen- und Innenpolitik auffallen.
Putin bezeichnete den Zerfall der Sowjetunion in den 90ern als ,,größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts‘‘. Seitdem musste die russische Führung beobachten, wie sich alle Länder des ehemaligen Warschauer Paktes unter den schützenden Schirm der NATO einreihen. Für Putin mag das bedrohlich wirken, doch hat er auch alles dafür getan, dass man sich in Russlands Nachbarschaft nur als NATO-Mitglied sicher fühlen kann.
Den ersten militärischen Konflikt führte Putin kurz nach seinem Amtsantritt als Präsident im Jahr 1999. Mittlerweile sind sich die meisten westlichen Experten einig, dass die Bombenanschläge in Moskau, welche als Vorwand für die Operation genutzt wurden, unteranderem vom russischen Geheimdienst FSB durchgeführt worden sind.
Den ersten Krieg außerhalb der eigenen Landesgrenzen führte Putin als Ministerpräsident gegen Georgien. Damals kam es zu Kampfhandlungen zwischen georgischen Sicherheitskräften und russlandtreuen Separatisten. Das russische Militär marschierte daraufhin in Georgien ein. Seitdem sind noch in etwa 20% des georgischen Hoheitsgebietes unter russischer Kontrolle und in den besetzten Gebieten werden russische Pässe ausgeben.
2014 nach dem Sturz des moskaunahen und Präsidenten Yanukowitsch, kam es in der Ukraine zu einer Annäherung an die EU. Putin regierte mit der Besetzung und Annexion der Krim. Anschließend eskalierte er die Situation im Osten der Ukraine. Seitdem werden im Osten der Ukraine Separatisten von Russland unterstützt, russische Pässe ausgeben und die ukrainische Regierung in ihrem Bestreben ihr Hoheitsgebiet zu verteidigen als Faschisten geframed. Die Ausgabe russischer Pässe hat hier, genauso wie in Georgien, System. So erlaubt die russische Militärdoktrin den Einsatz der Streitkräfte zum Schutz russischer Bürger, auch jener die im Ausland leben.
Seit 2015 steht Putins Regierung dem syrischen Diktators Baschar al-Assad zur Seite, welcher mit der Hilfe Russlands Kriegsverbrechen an der eigenen Bevölkerung begeht.
Putins Regime führt zudem seit Jahren einen Informations- und Cyberkrieg gegen den Westen. Streut bewusst Desinformation, vermüllt mit Trollarmeen die Kommentarspalten bei Nachrichtenseite und auf Social Media, mischt sich in europäische und amerikanische Wahlen ein. Der Kreml tut kurzgesagt alles, um die liberale Zivilbevölkerung des Westens zu spalten und zu verunsichern.
Zeitlicher Überblick
1991: Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion wurde die Unionsrepublik Ukraine unabhängig. Bei dem für die Unabhängigkeitserklärung erforderlichen Referendum stimmten mehr als 90% der Bevölkerung für die Unabhängigkeit.
1994: Mit dem Budapester Memorandum verpflichtet sich Russland gegenüber den drei ehemaligen Sowjetrepubliken (auch Georgien und Weißrussland), ihre Souveränität und territoriale Integrität anzuerkennen, wenn diese im Gegenzug ihre Nuklearwaffen abtreten.
1998: Putins erster militärischer Konflikt ,,Antiterroroperation in Tschetschenien‘‘
2008: Krieg in Georgien und die Anerkennung von Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten durch Russland.
2014: „Euromaidan“-Revolution. Hunderttausende Ukrainer protestierten friedlich in der Hauptstadt Kiew gegen Janukowitsch und die Entscheidung, das Partnerschaftsabkommen mit der EU zu kippen. Janukowitsch flieht nach Russland. Eine prowestliche Regierung unter Petro Poroschenko übernimmt.
2014: Moskau besetzt militärisch die Krim und annektiert diese.
2014: Beginn des Krieges in der Ostukraine und die Entstehung der beiden Separatistengebiete Luhansk und Donezk.
2017: Ukrainisches Parlament einigt sich auf NATO-Mitgliedschaft als außenpolitisches Ziel
2022: Russland erkennt am 21.02.2022 die„Volksrepubliken“ als unabhängig an. Gegen 20 Uhr spricht Putin im russischen Staatsfernsehen. Er behauptet, die Ukraine beabsichtige, Atomwaffen zu bauen und spricht dem Land sein Existenzrecht ab. Am 24. Februar überfällt Russland die Ukraine.
Putin sieht sich im Krieg gegen die westliche Welt, gegen westliche Werte, gegen westliche Demokratien. Für ihn zählt nur das Recht des Stärkeren und nicht die Stärke des Rechts. Er lässt die russische Verfassung so ändern, wie es ihm gerade passt.
Letztendlich geht es ihm jedoch um seinen eigenen Machterhalt. Das Putin-Regime muss sich immer mehr vor der eigenen Bevölkerung fürchten. Jedes Mal, wenn die Korruption und Kleptokratie kritisiert wurde, reagierte der Kreml mit immer härteren Repressionen gegen die verbliebene freie Presse, Opposition und Menschrechtsorganisationen. Putin kann sich keine freien und eng an den Westen orientierten ehemaligen Unionsrepubliken als Nachbarn leisten. Eine demokratische Ukraine, welche möglicherweise auch noch EU-Mitglied wäre, ist aus Putins Sicht eine Katastrophe. Zu offensichtlich wären die Diskrepanzen im eigenen Land, zu sehr würde sich die Bevölkerung fragen:,,Warum haben wir es nicht so gut wie die (Ukrainer), wenn wir 1991 die selbe Ausgangslage hatten?‘‘, zu sehr würde der Kreml in Erklärungsnot geraten. Die EU und NATO-Osterweiterung stellt nämlich in Wahrheit keine militärische Bedrohung für Putin da, sondern erhört den innenpolitischen Druck auf ihn. Allein deswegen dürfen wir keinesfalls zulassen, dass Putin in der Ukraine Erfolg hat. Er muss scheitern.
Der Vorstand des Alstertal-Walddörfer fordert aufgrund der Bedrohungslage und der Situation in der Ukraine:
– Im Falle eines NATO-Beitrittsantrag von Finnland und/ oder Schweden eine Zustimmung der Bundesregierung.
– Die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine.
– Einen ,,Iron Dome‘‘ für Deutschland.
– Einen schnellstmöglichen Stopp russischer Energieimporte.
– Die Bundeswehr muss fit für die Verteidigung im 21. Jahrhundert werden. Besonders die Cyberverteidigung und die atomare Teilhabe sind hier zentrale Bestandteile der Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik.
Claas Wolf für den Kreisverband Alstertal-Walddörfer
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